Havîn Al-Sîndy arbeitet in Berlin, Düsseldorf und Kurdistan. Al-Sîndy studierte in der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und in der Kunstakademie Düsseldorf. Sie schloss 2018 ihr Meisterschüler*innen Studium ab. Parallel studierte sie Biologie und Chemie an der Universität Duisburg-Essen. Zurzeit lehrt sie an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig.
Havîn Al-Sîndys Arbeiten sind im Feld der Bildhauerei, der Malerei und der bewegten Bilder anzusiedeln. Sie beschäftigt sich mit künstlerischen und wissenschaftlichen Prozessen der Sichtbarmachung, findet Sprachen für schwer Sagbares, sowie die Ambivalenzen im Herstellen von Sichtbarkeit selbst. Dabei ist ihre Arbeitsweise prozesshaft und meist kollaborativ. Immer wieder findet ein Dialog über Generationen hinweg statt – ein sich füreinander interessieren und aufeinander einlassen. Der Figur der Mutter kommt dabei eine besondere Rolle zu, wie etwa in den Arbeiten Uda, oder der Installation Lehmhaus. Persönliche wie kollektive Erinnerungen und ihre Rekonstruktion, Verortung und Entortung sind Themen, die sie performativ und installativ darstellt, um Betrachtende in die räumliche Dimension ihrer Skulpturen einzubeziehen und sie zu einer Interaktion mit den Werken zu bewegen. So entstehen Räume der Begegnungen mit Erfahrungen, die nicht zwangsläufig die eigenen gewesen sein müssen, die aber Einladungen zum Verlernen vermeintlicher Selbstverständlichkeiten in sich tragen. Ihre Verortung in der Bildhauerei drückt sich in einer Arbeitsweise aus, die konsequent von Materialien wie Lehm, Gips, Ton, Erde oder massiven Papierbahnen ausgeht. Hiermit schafft sie skulpturale Befragungen von Körpern, sowie Eingriffe in den Ausstellungsraum, die über diesen hinausweisen, wie etwa in der Arbeit Kras û fistan (2021). Grenzen zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Wahrnehmung und Erwartung, Drinnen und Draußen werden porös. Dies gilt auch für ihr aus der Naturwissenschaft kommendes Interesse für die vermeintlich vom Menschen getrennte Sphäre der Natur als gestaltender Entität. Al-Sîndy vergräbt Papier und lässt es vegetieren, sie zeichnet im Wald mit den Formen von Baumwurzeln und lässt sich ein. Sie erkundet mit ihrer Kunst das Verdrängte und Ungesagte.
Text: Eva Busch
Für weitere Informationen bitte Anfrage an: havin@al-sindy.de